Gestaltung und Vermittlung

Eine diversitätssensible Gestaltung und Vermittlung von Lehrinhalten trägt dazu bei, eine inklusive, respektvolle und chancengerechte Lernumgebung zu schaffen. Sie fördert die Entfaltung des individuellen Potenzials aller Lernenden und bereitet sie darauf vor, aktiv und positiv zu einer diversen Gesellschaft beizutragen. Dabei ist es essenziell, wie Wissen vermittelt wird, denn nicht nur die Auswahl der Inhalte, sondern auch eine angemessene, sensible (Bild-)Sprache, die Gestaltung der Unterlagen, Möglichkeiten der Partizipation, die Verwendung einer Vielfalt von Methoden sowie eine gute Feedback- und Kommunikationskultur haben einen Einfluss auf den Lernerfolg der Studierenden.

2021_04_28_Bild_Leitfaden geschlechterinklusive und diversitätssensible Sprache

Sprache ist nicht nur Mittel zur Kommunikation, Ausdruck von Bewusstsein und Abbild der Realität, sondern auch realitätskonstituierend. Das bedeutet sie prägt unsere Wahrnehmung, unser Bewusstsein und somit auch gesellschaftliche Vorstellungen von Wirklichkeit.

Ein sensibler und inklusiver Sprachgebrauch trägt aktiv zur Gleichberechtigung aller Geschlechter und zu einer wertschätzenden Ansprache bei. Es empfehlen sich Sprachformen, die dies berücksichtigen und Frauen, trans- und intergeschlechtliche Menschen sowie Personen, die sich als nicht-binär identifizieren, angemessen repräsentieren. Gut geeignet ist dafür der Gender Star bzw. Gender Gap, neuerdings setzt sich auch der Doppelpunkt durch. Hierzu zählt auch die Verwendung von selbst gewählten Namen und Personalpronomen. Zentral ist dabei immer die Berücksichtigung von persönlichen Wünschen der angesprochenen Personen und ihnen auch die Möglichkeit zu geben, diese Wünsche zu äußern, ohne sie im Zuge eines Outings auf diskriminierende Weise zu fragen. Im Seminarkontext lässt sich das beispielsweise durch einen entsprechenden Passus in der E-Mail-Signatur oder durch Vorstellungsrunden, bei denen die Pronomen genannt werden können (nicht müssen), realisieren. Auch bei der eigenen Vorstellung die eigenen Pronomen zu nennen kann eine Offenheit für die Thematik signalisieren und unterstreicht, dass Pronomen nicht an Äußerlichkeiten einer Person erkennbar sind.

Auch wenn die Debatte um diversitätssensible Sprache von Diskussionen über das 'Gendern' geprägt ist, spielen auch andere identitätsstiftende Merkmale eine Rolle. Insbesondere die Verwendung von abwertenden Bezeichnungen oder Begriffen mit negativen Konnotationen bezogen auf Geschlecht bzw. Geschlechtsidentität, sexuelle Orientierung bzw. Identität, Religionszugehörigkeit und Weltanschauung, rassistische Zuschreibungen (anhand phänotypischer Merkmale, vermuteter Herkunft, Religion, Name usw.), eigene und familiäre Migrationserfahrung sowie internationale Bildungsbiografien, soziale Herkunft und familiärer Bildungshintergrund sowie sozialer und finanzieller Status, körperliche und psychische Beeinträchtigungen sowie chronische Erkrankungen, Alter, Familienstatus und Care-Aufgaben in Familie und Pflege uvm. einer Person können Diskriminierungserfahrungen aktivieren und Stereotype fortschreiben. Grundsätzlich gilt auch hier, Selbstbezeichnungen Fremdbezeichnungen vorzuziehen und den jeweiligen Kontext von Begrifflichkeiten einzuordnen und zu berücksichtigen.

Letztlich stellen Empfehlungen für geschlechtergerechte oder diversitätssensible Sprache kein starres Regelwerk dar, sondern sollen Möglichkeiten aufzeigen, die eigene Arbeit durch kritische Reflexion zu verbessern und so eine erhöhte Sensibilität für Diversität zu erreichen. Letztendlich ist es eine Frage der Haltung: nämlich „Dass Menschen Diskriminierung erfahren, ist mir nicht egal!“ , aus der sich dann wiederum kontextspezifische Maßnahmen ableiten.

handlungsempfehlungen

Genauso wie Sprache sind auch Bilder nicht nur Abbildungen der Welt um uns herum, sondern haben auch maßgeblichen Einfluss darauf, wie wir unsere Welt wahrnehmen. Daraus leiten sich zwei Grundsätze für die visuelle Gestaltung von Lehrmaterialien ab: 1.) Repräsentation, also Darstellungsformen, zu finden und zu verwenden, die alle Menschen adäquat repräsentieren und durch die sich alle angesprochen fühlen können und 2.) Anti-Diskriminierung, also gestalterische Mittel so einzusetzen, dass sie niemanden diskriminieren oder sich niemand diskriminiert fühlt.

Diversitätssensible Bildsprache umfasst also die bewusste Verwendung von Bildern, Illustrationen und visuellen Elementen, die die Diversität und Inklusion in der visuellen Kommunikation fördern sowie die Vermeidung von diskriminierenden Darstellungen. Sie erhöht das Bewusstsein für Diversität und Sensibilität gegenüber unterschiedlichen Erfahrungen und Perspektiven und spielt eine entscheidende Rolle bei der Schaffung von Repräsentation von oftmals weniger sichtbaren Gruppen. Menschen unterschiedlicher Herkunft, Geschlechter, Altersgruppen, sexueller Orientierungen, Körpertypen, Fähigkeiten und sozialen Hintergründe in Bildern sollen gezeigt werden und so die Vielfalt der realen Welt widerspiegeln. Dabei ist es ist wichtig, Klischees und Stereotypen zu vermeiden, respektvoll gegenüber verschiedenen Kulturen und Traditionen zu sein und keine kulturelle Aneignung oder Stereotype zu fördern.

Geschlechtergerechtigkeit, also die ausgeglichene Repräsentation aller Geschlechter sowie die Vermeidung von Geschlechterklischees, gehört ebenso dazu wie Altersgerechtigkeit, also die Darstellung der Vielfalt des Alters, von Kindern bis zu Senioren, sowie die Darstellung von unterschiedlichen Körperformen. Diversitätssensible Bildsprache sollte auch Rücksicht auf Menschen mit Behinderungen nehmen, indem sie barrierefreie Bilder verwendet (weitere Informationen dazu finden Sie unter Barrierefreiheit) und sicherstellt, dass alle Personen und Körpertypen gleichermaßen repräsentiert sind. Die Bildsprache sollte Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierungen und Geschlechtsidentitäten einschließen. Diversitätssensible visuelle Darstellungen sind zudem rassismuskritisch, indem sie Rassismus thematisieren, hinterfragen oder bekämpfen. Die Wahl von Farben, insbesondere Hautfarben, sollte sorgfältig erfolgen, um niemanden auszuschließen oder in diskriminierender Weise darzustellen.

Bilder sollten außerdem authentisch und stets respektvoll sein. Sie sollten die Einwilligung der abgebildeten Personen, insbesondere in Kontexten, in denen Privatsphäre oder persönliche Geschichten eine Rolle spielen, respektieren.

Die Verwendung einer Vielzahl von Lehrmethoden in der Hochschullehre kann dazu beitragen:

  • eine interaktive Lernumgebung zu schaffen, 
  • die Beteiligung der Studierenden zu steigern und Hürden abzubauen und
  • so auch die Lernergebnisse zu verbessern.

Die Auswahl der Methoden sollte abhängig von den Lehrzielen, der Fachdisziplin und den Bedürfnissen der Studierenden erfolgen. Eine Kombination verschiedener Methoden kann eine bereichernde Lernerfahrung schaffen, die Fähigkeiten der Studierenden in verschiedenen Bereichen stärken und wird den unterschiedlichen Lernstilen und -präferenzen der Studierenden gerecht.

Grundsätzlich sollte außerdem darauf geachtet werden, genügend Zeit für Diskussionen und Interaktionen der Studierenden einzuplanen und das Seminar nicht mit Lernstoff zu überladen, sodass keine Zeit mehr für Beteiligung bleibt. Dabei sollten auch die Interessen und Erfahrungen der Teilnehmer*innen in das Seminar einbezogen werden.

Zudem sollten zu Beginn des Seminars klare Erwartungen hinsichtlich der Beteiligung der Studierenden festgelegt werden. Dies kann in Form von Regeln, Richtlinien oder Zielen erfolgen, die die Art und Weise der Beteiligung definieren. Das ermutigt die Studierenden, Verantwortung für ihre eigene Lernreise zu übernehmen.

Wichtig ist auch, regelmäßig Feedback (siehe Feedbackkultur) zur Gestaltung des Seminars und zur Möglichkeit der Beteiligung einzuholen. Dadurch können Verbesserungen vorgenommen und die Bedürfnisse der Studierenden berücksichtigt werden.

Hier sind einige Beispiele für vielfältige und interaktive Lehrmethoden:

  • Diskussionen ermöglichen den Studierenden, aktiv am Lernprozess teilzunehmen, Ideen auszutauschen und kritisch zu denken. Als Seminarleitung ist es Ihre Aufgabe, die Diskussion zu moderieren und sicherzustellen, dass alle Teilnehmer*innen die Gelegenheit haben, sich zu äußern. Sie können Fragen stellen, Gespräche anregen und sollten darauf achten, dass niemand die Diskussion dominiert oder sich diskriminierend verhält. Zudem kann den Studierenden die Diskussionsleitung übergeben werden, um sie noch aktiver einzubinden.
  • Gruppenarbeit und Teamprojekte: Manche Studierende fühlen sich in kleineren Gruppen wohler und beteiligen sich dann eher. Organisieren Sie deshalb regelmäßige Kleingruppenarbeiten, um Diskussionen zu vertiefen und den Austausch zu fördern. Die Zusammenarbeit in Gruppen oder Teams fördert zudem die sozialen und kooperativen Fähigkeiten der Studierenden. Sie können gemeinsam an Projekten arbeiten, um praktische Erfahrungen zu sammeln.
  • Aktivierungsmethoden: Hierzu gehören Aktivitäten wie Brainstorming, Rollenspiele, Simulationen und andere erlebnisorientierte Lernmethoden. Kleinere schriftliche Aufgaben während des Seminars kann die Beteiligung von Studierenden, die mündlich eher zurückhalten sind, unterstützen. Diese können beispielweise auch anonym verfasst und in den Unterricht eingebracht werden, was weitere Hürden der Partizipation abbauen kann.
  • Flip-the-Classroom-Modell: Hier wird der traditionelle Lehransatz umgekehrt, indem Lerninhalte vor der Vorlesung online bereitgestellt werden, und die Vorlesungszeit wird für aktive Diskussionen und Übungen genutzt.
  • Online-Tools: Die Integration von E-Learning-Plattformen, virtuellen Kursen und webbasierten Ressourcen erweitert die Möglichkeiten für das Lernen und ermöglicht eine flexible Zeiteinteilung. Die Nutzung von Online-Diskussionen und Foren ermöglicht den Studierenden den Austausch von Gedanken und Meinungen, auch außerhalb des Unterrichtsraums. In digitalen Veranstaltungen können Sie außerdem verschiedene Online-Tools einsetzen, um die Partizipation zu erleichtern, wie beispielsweise Umfragen, Chatrooms oder Diskussionsforen.
  • Reflexion und Feedback: Kontinuierliches Reflektieren der Lehrgestaltung sowie Feedback von den Studierenden kann dazu beitragen, die Lehrmethoden und -materialien steig anzupassen und zu verbessern. Die Einbeziehung der Studierenden in den Bewertungsprozess beispielsweise durch Peer-Feedback und -Bewertung fördert außerdem die Selbstreflexion und die Entwicklung von Bewertungskompetenzen.
  • Gastvorträge und Expertenpräsentationen: Einbeziehung von Gastdozent*innen und Expert*innen aus der Industrie, um aktuelle Einblicke und Erfahrungen in den Unterricht zu bringen, bietet den Studierenden praxisnahes Lernen.
  • Praxis: Fallstudien, Feldstudien oder Praktika bieten praktische Beispiele und realistische Szenarien, die den Studierenden helfen, ihr theoretisches Wissen auf reale Situationen anzuwenden.
Die Etablierung einer Feedback-Kultur in Lehrveranstaltungen, die über die geläufige Endevaluation hinausgeht, fördert das Lernen und die Interaktion der Studierenden. Im oft stressigen Lehralltag ist es wichtig, genügend Zeit und Raum für Feedback schaffen.
  • Bereits am Anfang sollte erwähnt werden, dass Feedback in der Lehrveranstaltung ausdrücklich erwünscht ist und als ein wertvoller Beitrag zur Verbesserung der Lehrveranstaltung angesehen wird.
  • Regelmäßige Feedback-Sessions, in denen die Studierenden ihre Gedanken, Fragen und Anregungen zu verschiedenen Aspekten des Seminars wie Lehrmethoden, Materialien oder Themen äußern können, sollten auch ausreichend Zeit für anschließende Diskussionen und Reflexionen der angesprochenen Aspekte bieten. Dabei sollten unterschiedliche Feedback-Formate genutzt werden, wie mündliches Feedback in der Gruppe, schriftliches Feedback, aber auch anonymes und/oder digitales Feedback über Online-Tools.
  • Wichtig ist außerdem, dass auf Kritikpunkte eingegangen und ggf. Anpassungen auch umgesetzt werden. Das trägt nicht nur zur kontinuierlichen Verbesserung Ihrer eigenen Lehrmethoden und Lehrinhalte bei, sondern zeigt auch Ihre Wertschätzung für das Feedback der Studierenden.

Dominantes Redeverhalten tritt auf, wenn eine Person in einer Gesprächssituation übermäßig viel spricht, die Redezeit dominiert und möglicherweise andere Teilnehmer ausschließt. 

Formen dominanten Redeverhaltens können zum Beispiel sein:

  • antagonistische Rhetorik, also ein Gesprächsstil bei dem das Hauptziel darin besteht, Widerspruch, Konflikte oder Opposition zu erzeugen. Im Gegensatz zu konstruktiver Kommunikation, die auf Verständnis, Konsens und Zusammenarbeit abzielt, betont antagonistische Rhetorik Unterschiede und Konfliktpunkte;
  • Unterbrechungen anderer Personen;
  • Beleidigungen oder Diskriminierung;
  • Herabsetzen anderer Meinungen;
  • lange Monologe und häufiges zu Wort melden
  • "Entitlement", also die Annahme, dass die eigene Meinung oder Bedürfnisse aufgrund bestimmter Identitätsmarker automatisch Vorrang haben sollten, ohne Rücksicht auf die Perspektiven oder Belange anderer
  • "Mansplaining", d.h. eine bestimmte Dynamik zwischen den Geschlechtern, bei dem ein Mann einer Frau oder TIN*-Person etwas auf eine herablassende oder belehrende Weise erklärt, oft in einer Situation, in der die Frau oder TIN*-Person über das Thema bereits gut informiert ist;
  • unangemessene Reaktionen auf Aussagen anderer, wie beispielsweise Augenrollen o.ä.

Als Seminarleitung ist es Ihre Aufgabe dafür zu sorgen, ein ausgewogenes und respektvolles Gesprächsumfeld zu schaffen, in dem alle Studierenden die Möglichkeit haben, sich einzubringen.

Auf folgende Punkte können Sie achten, um dominantem Redeverhalten entgegenzuwirken:

  • Bewusstsein schaffen, indem Kommunikationsregeln festgelegt werden und die Bedeutung der aktiven Teilnahme hervorgehoben wird;
  • aktive Moderation, die allen die Gelegenheit gibt, ihre Meinung zu äußern;
  • strukturierte Diskussionsformate nutzen, wie z.B. Partner*innen- oder Kleingruppenarbeit;
  • vielfältige Interaktionsmethoden nutzen (siehe Methodenvielfalt);
  • Aktives Zuhören fördern, beispielsweise durch Zusammenfassen der Aussagen anderer Studierender;
  • auf abwertende Äußerungen reagieren und dominantes Redeverhalten direkt ansprechen;
  • regelmäßig Raum für Reflexion und Feedback zur Kommunikations- und Diskussionskultur schaffen (siehe Feedback-Kultur);
  • möglichst alle Studierende ansprechen und offene Fragen stellen;
  • geschlechtergerechte und diversitätssensible Sprache nutzen
  • diffamierende Begriffe vermeiden bzw. darauf eingehen, wenn andere sie nutzen
  • Wer nimmt an meinen Veranstaltungen teil? Mit welchem Ziel kommen die Studierenden in die Veranstaltung?
  • Welches Vorwissen oder besonderen Bedarfe haben die Studierenden?
  • Kenne ich Möglichkeiten der geschlechtergerechten und diversitätssensiblen Sprache und kann diese auch kontextspezifisch anwenden?
  • Achte ich bei der Vorbereitung meiner Lehrmaterialien auf eine diversitätssensible Bildsprache, die die Repräsentation von marginalisierten Gruppen fördert und Stereotype abbauen kann?
  • Biete ich vielseitige, flexible und interaktive Lernangebote an (Screencast, Audiodateien, Texte, Liveschaltungen, Aufzeichnungen bei synchronen Formaten)?
  • Beinhaltet mein Seminar vielfältige interaktive (moderierte) Kommunikationsangebote bspw. synchron und asynchron, die Beteiligungsmöglichkeiten für (eher) introvertierte Studierende schaffen?
  • Biete ich ausreichend Zeit für Feedback?
  • Versuche ich alle Studierenden zu ermutigen, sich an Diskussionen zu beteiligen und biete ich unterschiedliche Möglichkeiten der Beteiligung?
  • Sorge ich in meinen Veranstaltungen für eine angenehme Kommunikationskultur und angemessenes Redeverhalten? Achte ich auf dominantes Redeverhalten und steuere entsprechend gegen?