Justitia Center for Advanced Studies

Bekanntgabe unserer neuen Fellows

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Drei Forscher*innen kommen zu uns

Das »Justitia Center for Advanced Studies« freut sich, seine neuen Postdoktorand*innen für das akademische Jahr 2023/24 bekannt geben zu können. Ausgezeichnete internationale Wissenschaftler*innen kommen von Oktober 2023 bis Juli 2024 zu uns, und wir heißen sie herzlich willkommen. Justitia ist ein Forum für politische Theoretiker*innen und Philosoph*innen. Es wird von der Alfons und Gertrud Kassel-Stiftung, der wir dafür sehr danken, finanziert und von Prof. Dr. Rainer Forst an der Goethe-Universität Frankfurt geleitet. Die Stipendiat*innen, die im Forschungskolleg Humanwissenschaften in Bad Homburg residieren werden, schließen sich der akademischen Gemeinschaft in Frankfurt und vor allem auch dem Netzwerk des Forschungszentrums »Normative Ordnungen« an, um hier ihre vielversprechenden Projekte durchzuführen. Das Zentrum organisiert darüber hinaus regelmäßig Workshops, Konferenzen und Seminare.



Peter Giraudo hat mit einer Arbeit zu "Political Trade Unionism: Industrial Citizenship and the Regulation of Social Conflict in European Thought, 1890 – 1919” im Sommer 2023 an der Princeton University promoviert. Sein gegenwärtiges Forschungsprojekt schließt an diese Arbeit an. Giraudo erforscht eine Denktradition in Europa im späten neuzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhundert, die Gewerkschaften als politische Institutionen vertritt.  Für Georges Sorel, Max Weber, Eduard Bernstein, Jean Jaurès und Émile Durkheim ging die Funktion der Gewerkschaften weit über die Lösung der materiellen Frage hinaus und spielte eine zentrale Rolle beim Aufbau einer sozialistischen Arbeiter*innenbewegung. Ihrer Ansicht nach vermittelten Gewerkschaften den Arbeitnehmenden eine moralische Erziehung, welche ein Gefühl der Klassenzugehörigkeit erzeugte. So leisteten die Gewerkschaften nicht nur einen Beitrag zum wirtschaftlichen, sondern auch moralischen Fortschritt der Gesellschaft. Giraudo zufolge kann die Erforschung dieser Tradition in einer Zeit, in der Gewerkschaftsorganisationen und -aktivismus wieder aufleben, Aufschluss darüber geben, wie Gewerkschaften zum Aufbau einer politischen Bewegung der Arbeiterklasse beitragen können.

Hannah McHugh promovierte am University College London mit einer Arbeit zu “Power to the People: Agent’s Role in and Responsibility for Domination”. Ihr Forschungsprojekt, welches an ihre Promotionsarbeit anschließt, befasst sich mit der Frage, wie sich soziale Macht in Marktwirtschaften manifestiert und aufrechterhalten wird. McHugh zufolge wird häufig davon gesprochen, dass Märkte Macht haben. Diese Macht führte in der Vergangenheit beispielsweise zum Rücktritt der britischen Premierministerin Liz Truss 2022 oder zur Finanzkrise 2008, in der viele Menschen ihr Zuhause und ihren Lebensunterhalt verloren. Wie ist diese Art der Macht zu verstehen und wer, wenn überhaupt jemand, übt hier Macht über wen aus? McHughs Projekt zielt darauf ab, diese Fragen durch eine Untersuchung der zentralen Bedeutung von Koordination in Märkten auf dem Wege einer Analyse sozialer Praktiken zu beantworten. Anschließend an diese Analyse argumentiert McHugh, dass eine Regulierung, die auf die Veränderung individueller Anreizstrukturen abzielt, und nicht auf einen revolutionären Strukturwandel, eine Lösung sein kann, um normativ problematische Aspekte von Märkten zu korrigieren.

Belén Pueyo-Ibáñez hat im Frühjahr 2023 an der Emory University in Atlanta mit einer Arbeit zu “(Im)possible Communities: The Cooperative Structure of Moral Thinking” promoviert. Einige Themen der Dissertation werden in ihrem aktuellen Forschungsprojekt “The Democratic Sentiment: Rethinking Politics through the Lens of Affect” weitergeführt. Pueyo-Ibáñez befasst sich darin mit der Verbindung von Demokratie und der emotionalen Dimension menschlicher Erfahrung. Die Darstellung, dass demokratischen Einstellungen und Handlungen grundsätzlich vom Intellekt bestimmt und frei von gefühlsmäßigen Komponenten sind, während antidemokratische Einstellungen und Handlungen in erster Linie von Leidenschaft geleitet sind, basiert laut Pueyo-Ibáñez auf einer falschen Dichotomie zwischen Vernunft und Emotion. Sie verteidigt die Hypothese, dass das demokratische Gefühl – ein Begriff der eine Vielzahl von Emotionen wie Sorge und Mitgefühl zusammenfasst – logisch wie auch zeitlich der demokratischen Ordnung vorausgeht. Pueyo-Ibáñez argumentiert somit für eine Alternative zu einer übermäßig intellektualistischen Auffassung von Demokratie, und für eine affektive Wende in der Demokratietheorie.