Ngas (Angas) – eine tschadische Sprache Zentralnigerias: Wörterbuch, grammatische Skizze, Texte

Ngas, in der Literatur auch unter dem Namen Angas bekannt, ist die Muttersprache von ca. 400 000 Menschen, die am Südrand des nigerianischen Plateaus leben. Im Projekt, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird (JU 34/83-1), wird beabsichtigt, die erste wissenschaftlich fundierte Grundlage dieser bedeutenden Sprache Zentralnigerias in Form eines Wörterbuchs und einer Grammatik zu erstellen.

Eine gründliche Dokumentation und Analyse des Ngas, das zu der südwestlichsten Gruppe (Ngas-Gruppe) der tschadischen Sprachen zählt, trägt dazu bei, dass wir dadurch sowohl innertschadisch eine Verstärkung der Fundamente der tschadistischen vergleichend-historischen Forschungen gewinnen als auch solide Voraussetzungen für eine bessere Positionierung des Tschadischen innerhalb der hamitosemitischen / afroasiatischen Großfamilie schaffen. Dabei kommt dem Ngas – und seinen Verwandten auf dem Südplateau Nigerias – eine besondere Bedeutung zu, indem es einerseits ein Jahrtausende altes ererbtes Sprachgut konserviert hat – vgl. Hebräisch m¦ašim-4k¦a? und Ngas m`e s´èm-gh`a? „Wie heißt du / wie ist dein Name?“ –,  andererseits ein hohes Maß an Innovationen aufweist. Erst ein umfassendes Wörterbuch sowie eine den schwierigen Feinheiten der morphologischen und syntaktischen Struktur gerecht werdende grammatische Untersuchung, Analyse und Bewertung des Formengutes kann dabei helfen, das hamitosemitische / afroasiatische Erbgut, das während der etwa 4-5000-jährigen Abgeschiedenheit der tschadischen Sprachen im Zentralsudan stärksten Verwerfungen ausgesetzt war, zu identifizieren und es aus dem sie umgebendem fremden Sprachgut herauszulösen.

Zielsetzung des Projekts ist aber nicht nur eine solide wissenschaftlich fundierte Quelle für das Lexikon und die Grammatik zu etablieren,sondern auch die gesellschaftspolitische Entwicklung der Ngas-Sprechergemeinschaft zu fördern. Die Ngas sind bestrebt, ihrer Sprache mehr Bedeutung im Schulsystem zu geben und ihre Kultur aufrechtzuerhalten. Auch wenn das Ngas im Moment nicht vom Aussterben bedroht ist, sind Kultur und Sprache starken Einflüssen seitens des vorherrschenden Hausa als der lingua franca der Region, des Englischen im Schulsystem, des Christentums sowie der überall eindringenden Einflüsse der westlichen Kultur ausgesetzt, sodass die in den Städten lebenden Familien die Ngas-Sprache an ihre Kinder meist nicht weitergeben, sondern sich an die vorherrschende Sprache und Kultur anpassen. Auf dem Land ist wiederum Ngas die Sprache des Alltags und die Englischkenntnisse sind schwach. Die mangelnde Sprachkompetenz der eingeschulten Kinder erschwert ihre Bildung und somit eine erfolgreiche Einbindung in das moderne Leben im Lande. Ein Schulsystem, das zumindest in den ersten Jahren von der Muttersprache der Kinder als Unterrichtssprache Gebrauch macht, würde weniger selektierend wirken. Da die Sprechergemeinschaft um die Einführung des Ngas in den Schulen bemüht ist, besteht ein Interesse an einem Wörterbuch und einer Grammatik, die die Grundlage zur Schulung der Lehrer und zur Entwicklung der Fibeln und anderer Schulbücher bilden können.

Projektlaufzeit: 2009-2011

Projektleitung: Prof. Dr. Herrmann Jungraithmayr

Mitarbeiterin und Kontakt: Dr. Sonja Ermisch