Lehre

 

Aktuell:


Wintersemester 2014/15

Seminar (BA, MA, MAG, L3)
Die Freiheit und das Böse: Kant und Schelling
Mi. 14-16, IG 0.454

Vor dem Hintergrund zeitgenössischer Debatten über den Begriff der Freiheit erscheinen Schellings Philosophische Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit und die damit zusammenhängenden Gegenstände (1809) als befremdlich. Das liegt nicht allein an der eigenartig sperrigen Form dieser Schrift, die einen argumentativ undurchsichtigen und hochspekulativ verfahrenden Fließtext von knapp 80 Seiten ohne Gliederung enthält. Der Grund für dessen Unzeitgemäßheit besteht vornehmlich in den „Gegenständen“, die laut Schelling mit dem Begriff der menschlichen Freiheit wesentlich „zusammenhängen“ und die in der zeitgenössischen Philosophie keine Rolle spielen: (1) dem Systemanspruch, demzufolge die Freiheit als eine Notwendigkeit im „Ganzen der wissenschaftlichen Weltsicht“ zu erweisen ist; (2) der Freiheit und „Selbstoffenbarung“ Gottes, auf deren Basis allein die Einheit von Freiheit und System begreifbar werden soll; sowie (3) der Möglichkeit und Wirklichkeit des Bösen, als die sich die so begriffene Freiheit dann wesentlich zeigt. Das Hauptseminar gilt dem Versuch, die schellingsche These von dem notwendigen Zusammenhang zwischen der Freiheit und dem Bösen zu verstehen und zu diskutieren. Um einen geeigneten Zugang zu dieser These zu gewinnen, wird das Seminar mit Immanuel Kants Theorie des „radikal Bösen“ beginnen, an die Schelling der Sache nach anschließt. Im ersten Kapitel der Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft argumentiert Kant, dass der Mensch zugleich „von Natur aus“ und auf der Basis seiner eigenen Freiheit „böse“ sei. Im Anschluss an die Diskussion von Kants philosophischer Deutung der theologischen Lehre von der Erbsünde werden wir uns einer genauen und schrittweisen Lektüre und Interpretation von Schellings Freiheitsschrift widmen. Vorkenntnisse in Kants praktischer Philosophie sind empfehlenswert; eine Vertrautheit mit Schellings Schriften ist jedoch nicht notwendig.

Literatur zur Vorbereitung:
Henry E. Allison: „Radical Evil“, in: ders., Kant’s Theory of Freedom, Cambridge University Press 1990, Kap. 8, S. 146-161.
Jochem Hennigfeld: F.W.J. Schellings ›Philosophische Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit und die damit zusammenhängenden Gegenstände‹, Darmstadt 2001, Einleitung und Kap. I, S. 1-32.



Vergangene Semester:


Wintersemester 2013/14

Seminar (MA, MAG, L3)
Theorien des Selbstbewusstseins
Mi. 12-14:00, Cas 1.811

In der zeitgenössischen philosophischen Debatte gilt das Thema des Selbstbewusstseins – die Frage nach der „Ersten-Personen-Perspektive“ und nach der Besonderheit des Wissens von sich – als Spezialproblem der Philosophie des Geistes. Doch dies ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Im Gegenteil ließe sich zeigen, dass die moderne Philosophie mit der Überzeugung gestartet ist, dass Selbstbewusstsein nicht ein, sondern das Thema der Philosophie darstellt: Theorien der Erkenntnis, des Geistes, der Moral und des Handelns sind wesentlich Theorien des Selbstbewusstseins, weil es zur Eigenart des Wissens, des Handelns, des Wollens und geistiger Phänomene gehört, dass ihr Subjekt von ihnen weiß oder sich ihrer bewusst ist. Das Seminar verfolgt das Ziel, diese Überzeugung, die vor allem mit Kants erster Kritik und dem Deutschen Idealismus verbunden ist, in ihrer historische Tiefe zu diskutieren. Anhand von Texten von Descartes, Kant, Fichte und Hegel wollen wir verstehen, aus welchen Gründen der Begriff des Selbstbewusstseins zum sachlichen und methodischen Grundprinzip der modernen Philosophie avanciert ist; und anhand von Texten aus der phänomenologischen Tradition des 20. Jahrhunderts (Husserl, Heidegger, Sartre) wollen wir untersuchen, inwiefern der Begriff des Selbstbewusstseins diesen Status zurecht beansprucht.

Literatur zur Vorbereitung:
Sebastian Rödl: Selbstbewußtsein, Berlin 2011
Ernst Tugendhat: Selbstbewußtsein und Selbstbestimmung. Sprachanalytische Interpretationen, Frankfurt am Main 1979.


Sommersemester 2012

Proseminar (AM 1b. 2a, 2b)
Descartes
Do. 12-14:00, IG 457

Das Ziel des Seminars liegt darin, die Grundzüge derjenigen Philosophie zu verstehen und zu diskutieren, mit der die Neuzeit philosophisch ansetzt: der Philosophie René Descartes’. Geschehen soll dies anhand der gemeinsamen Lektüre (von Passagen) der Meditationen über die Erste Philosophie, der Abhandlung zur Methode, der Prinzipien der Philosophie, der Regeln zur Ausrichtung der Erkenntniskraft, sowie der Leidenschaften der Seele. Das Seminar lässt sich auch als eine vertiefende Einführung in Grundprobleme der neuzeitlichen Philosophie verstehen – wie etwa der Frage nach dem methodologischen und ontologischen Status des Selbstbewusstseins (dem „cogito“) oder der dualistischen Konzeption der Wirklichkeit („res extensa“, „res cogitans“).

Literatur zur Vorbereitung:
Kemmerling, Andreas: René Descartes: Meditationen über die Erste Philosophie (Reihe „Klassiker Auslegen“), Berlin 2009.
Poser, Hans: René Descartes: Eine Einführung, Stuttgart 2003.
Perler, Dominik: René Descartes, München 22006.


Wintersemester 2011/12

Hauptseminar (zus. mit Christoph Menke) (VM 2a, 2b, 3a)
Hegels Phänomenologie des Geistes, Teil 2: Geist
Do. 10-12:00; IG 1.411

Die Veranstaltung ist der zweite Teil des Hauptseminars zu Hegels „Phänomenologie des Geistes", das im Sommersemester 2011 begonnen wurde und nun fortgesetzt wird. Das Projekt der „Phänomenologie" besteht darin, den „Weg des natürlichen Bewusstseins" darzustellen, „das zum wahren Wissen dringt". Im vergangenen Semester ging es darum, die ersten vier Kapitel des Buches, in denen Hegel den Weg der „Seele" zum „Selbstbewusstsein" beschreibt, nachzuvollziehen und zu diskutieren. In diesem Semester widmen wir uns zentralen Passagen aus den verbleibenden Kapiteln V-VIII, wobei das Hauptaugenmerk dem Schritt gilt, der vom Selbstbewusstsein zum Geist führt. Was heißt es für die „Seele" oder das „natürliche" Selbstverständnis des erkennenden Bewusstseins, dass es sich „zum Geist läutert, indem es durch die vollständige Erfahrung seiner selbst zur Kenntnis desjenigen gelangt, was es an sich selbst ist"? - Für die Teilnahme an diesem Seminar ist der Besuch des ersten Teils der Veranstaltung nicht obligatorisch- aber er ist sicherlich sehr von Vorteil.

Zur Einführung und Vorbereitung:
Köhler, D. und O. Pöggeler (Hg.): Hegel, Phänomenologie des Geistes (Reihe „Klassiker Auslegen"), Berlin 2006.
Siep, Ludwig: Der Weg der Phänomenologie des Geistes. Ein einführender Kommentar zu Hegels »Differenzschrift« und »Phänomenologie des Geistes«, Frankfurt a.M. 2000.
Taylor, Charles: Hegel, Frankfurt a.M. 1983, Teil II.
Vieweg, K. und W. Welsch (Hg.): Hegels Phänomenologie des Geistes. Ein kooperativer Kommentar zu einem Schlüsselwerk der Moderne, Frankfurt a.M. 2008.


Sommersemester 2011

Hauptseminar (VM 2a, 2b, 3a)
Hegels Phänomenologie des Geistes, Teil 1: Selbstbewusstsein
Do. 12-14:00; NG 1.741

Die Veranstaltung zu Hegels „Phänomenologie des Geistes" ist auf zwei Seminare angelegt. Im Sommersemester werden wir versuchen, die Einleitung und die ersten vier Kapitel des Buches (Abschnitte A-B) in kleinen Schritten zu verstehen und zu diskutieren; die Aufmerksamkeit soll dabei vor allem der Einführung des Begriffs des Selbstbewusstseins gelten. Der zweite Teil, der gemeinsam mit Christoph Menke unterrichtet und im darauf folgenden Wintersemester stattfinden wird, soll dann primär dem Geist-Kapitel gewidmet sein. All denjenigen, die an der Veranstaltung teilnehmen möchten, wird nachdrücklich empfohlen, beide Seminare zu besuchen.

Köhler, D. und O. Pöggeler (Hg.): Hegel, Phänomenologie des Geistes (Reihe „Klassiker Auslegen"), Berlin 2006.
Taylor, Charles: Hegel, Frankfurt a.M. 1983, Teil II.


Wintersemester 2010/2011

Proseminar (AM1b, AM2a) (zusammen mit Dirk Quadflieg)
Kant, Kritik der reinen Vernunft
Do. 10-12:00; IG 201

Das Seminar ist ein klassisches Lektüreseminar. Es geht darum, die (oder: möglichst viele der) zentralen Passagen eines der faszinierendsten Werke der Philosophie in den Sitzungen gemeinsam zu rekonstruieren und zu diskutieren. Friedrich Nietzsche hat die Pointe von Kants Kritik der reinen Vernunft im ersten Hauptstück von Jenseits von Gut und Böse so formuliert: „Wie sind synthetische Urteile a priori möglich? fragte sich Kant, - und was antwortete er eigentlich? Vermöge eines Vermögens: leider aber nicht mit drei Worten, sondern so umständlich, ehrwürdig und mit einem solchen Aufwande von deutschem Tief- und Schnörkelsinne, daß man die lustige niaiserie allemande überhörte, welche in einer solchen Antwort steckt." Und er fügt hinzu: „‚Vermöge eines Vermögens' – hatte er gesagt, mindestens gemeint. Aber ist denn das – eine Antwort? Eine Erklärung?" Im Seminar wollen wir untersuchen, ob dem so ist.

Teilnahmebedingung ist die Bereitschaft zum regelmäßigen intensiven Textstudium und zur mündlichen Mitarbeit an den Seminardiskussionen. Alle Teilnehmer/innen werden gebeten, das Buch (entweder in der Meiner- oder der Suhrkamp-Ausgabe) anzuschaffen und zur ersten Sitzung mitzubringen. Zudem soll bereits in der ersten Sitzung mit der gemeinsamen Diskussion begonnen werden, und zwar mit der Vorrede der ersten Auflage (A vii-xxii). Jede/r, der/die an der Veranstaltung teilnehmen möchte, wird darum gebeten, den entsprechenden Text vorzubereiten.

Zur Einführung und Vorbereitung wird empfohlen:

Deleuze, Gilles: Kants kritische Philosophie. Die Lehre von den Vermögen, Berlin: Merve 1990.
Mohr, Georg und Willaschek, Markus (Hg.): Immanuel Kant. Kritik der reinen Vernunft (Reihe „Klassiker Auslegen", Bd. 17/18), Berlin: Akademie Verlag 1998.


Sommersemester 2010

Proseminar (AM 2b, AM 3a)
Formen der Irrationalität: Selbsttäuschung und Willensschwäche
Do, 12-14:00; NG 701

Die Phänomene der Selbsttäuschung und der Willenschwäche sind die vielleicht prominentesten Formen des Misslingens in der Geschichte der Philosophie. Der Grund liegt darin, dass sie keine „normalen“ Fehlgriffe oder Irrtümer beschreiben, sondern die Natur des Handelns und Erkennens selbst betreffen: Sie stellen die Grundbegriffe der theoretischen und der praktischen Philosophie – wie die Begriffe des Handelns, der Absicht oder des Willens, sowie die des Wissens, der Überzeugung etc. – auf die Probe. In dem Maße, wie ein Subjekt sich dazu bringen kann, eine Überzeugung zu vertreten, die es selbst nicht für wahr hält (Selbsttäuschung), scheint die Idee einer kognitiven Einstellung paradox zu werden: Lässt sich eine Überzeugung überhaupt als Überzeugung verständlich machen, wenn sie nicht zugleich als ein Für-wahr-halten des Subjekts beschrieben werden kann? Und in dem Maße, wie ein Subjekt in der Lage ist, gegen seinen eigenen Willen und seinen besten Grund zu handeln (Willensschwäche oder Akrasia), scheint der philosophische Begriff des intentionalen Handelns paradox zu werden: Denn wie soll ein Handeln als ein absichtliches denkbar sein, wenn es nicht mit Bezug auf das bessere Wissen oder die besseren Gründe, die eine Person tatsächlich hat, verständlich zu machen ist? Derartige paradoxe Fälle des Handelns und Wissens werden als Fälle von Irrationalität beschrieben. Und weil ihre Existenz die Konsistenz philosophischer Grundbegriffe zu gefährden scheint, ist die philosophische Erklärung von Irrationalität enorm kontrovers: Wieviel Absicht und Selbstbewusstsein ist in Fällen von Selbsttäuschung oder Willensschwäche involviert? Inwiefern muss man Rationalität vorraussetzen, um Irrationalität erklären oder erläutern zu können? Sollte man nicht eher annehmen, dass Irrationalität durch vernunftfremde Kräfte oder Instanzen – „Triebe“, „Begierden“, „Leidenschaften“ – zustande kommt? Oder haben wir es vielmehr mit einer internen Störung oder gar einer genuinen Fähigkeit eines rationalen Subjekts zu tun?

Im Seminar soll es darum gehen, die handlungstheoretischen und epistemologischen Implikationen zu diskutieren, welche die unterschiedlichen philosophischen Erklärungen von praktischer und theoretischer Irrationalität in Anschlag bringen. In diesem Sinne lässt sich das Seminar auch als eine Einführung in einige Grundprobleme der praktischen und theoretischen Philosophie verstehen. Folgende Autoren aus der Antike und der Moderne wird das Seminar (u.a.) behandeln: Platon, Aristoteles, Karl Marx. Soeren Kierkegaard, Jean-Paul Sartre, Sigmund Freud, Richard M. Hare, Donald Davidson und Harry Frankfurt.

Literatur zur Einführung und Vorbereitung:
Thomas Spitzley (Hg.), Willensschwäche, Paderborn: Mentis 2005.
Brian P. McLaughlin, Amélie Oksenberg Rorty (Hg.), Perspectives on Self-Deception, University of California Press 1988.


Wintersemester 2009/2010

Proseminar (AM 1b)
Jean-Paul Sartre, Das Sein und das Nichts
Do. 12-14:00; NG 731

Die mehr als tausend Seiten von Sartres philosophischem „Hauptwerk“ versammeln eine Vielfalt von Themen: Auf der Basis dessen, was Sartre eine „phänomenologische Ontologie“ nennt – eine Analyse der verschiedenen Weisen, in denen Strukturen des Seins dem menschlichen Bewusstsein gegeben sind –, entwickelt er nicht nur eine Theorie des Selbstbewusstseins und der Intentionalität, sondern auch philosophische Beschreibungen der Phänomene der Zeitlichkeit, der Negation, der Möglichkeit und Wirklichkeit, des Wertes, des Körpers, der Beziehung zu anderen, der Gemeinschaft, der Sexualität, der Unaufrichtigkeit, des Dings, der Personalität etc. Die Einheit dieser vielfältigen Themen aber liegt in dem zentralen Anliegen des Buches, eine Metaphysik der Freiheit vorzustellen: Ein angemessenes Verständnis der menschlichen Freiheit, so Sartres Grundauffassung, erfordert eine fundamentale Revision nahezu aller philosophischen Grundbegriffe.

Im Seminar wollen wir versuchen, anhand von ausgewählten Passagen des Buches Sartres Konzeption der menschlichen Freiheit gemeinsam zu verstehen und zu diskutieren. Vorkenntnisse mit Bezug auf die Autoren, auf die sich Sartre häufig bezieht – Hegel, Husserl und Heidegger – sind sehr von Vorteil, aber nicht notwendig. Eine zentrale Voraussetzung für die Teilnahme liegt allerdings in der Bereitschaft, einen schwierigen Text kontinuierlich über das Semester zu lesen und für die einzelnen Sitzungen vorzubereiten.

Text:

Jean-Paul Sartre, Das Sein und das Nichts. Versuch einer phänomenologischen Ontologie, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2004 (10. Aufl.) (bitte anschaffen).

Literatur zur Begleitung:
– Sebastian Gardner, Sartre’s Being and Nothingness: A Reader’s Guide, London/New York: Continuum 2009.
– Bernard N. Schumacher (Hg.), Jean-Paul Sartre: Das Sein und das Nichts (Reihe Klassiker Auslegen Bd. 22), Berlin: Akademie-Verlag 2003.

Literatur zur Vorbereitung:
– Martin Heidegger, Sein und Zeit, Tübingen: Niemeyer 2006 (19. Aufl.), insbes. die Einleitung (Erstes und Zweites Kapitel).
– Edmund Husserl, Cartesianische Meditationen: Eine Einleitung in die Phänomenologie, Hamburg: Meiner 1995 (3. Aufl.), II. und IV. Meditation.
– Jean-Paul Sartre, Der Ekel, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 2008 (52. Aufl.).