HIV-Prävention mit "Pille davor" ist fragwürdig

Dr. Annette Haberl vom HIV-Center im Interview mit der DAZ

Veröffentlicht am: Mittwoch, 01. August 2012, 16:23 Uhr (043)

In den Vereinigten Staaten ist am 16. Juli das erste Medikament zur Prophylaxe bei HIV zugelassen worden. Es soll Nichtinfizierten, die zu Hochrisiko-Gruppen gehören, helfen, eine Ansteckung zu vermeiden. Allerdings weist der Zulassungstext ausdrücklich darauf hin, dass bei Einnahme von Truvada® auf Kondome nicht verzichtet werden soll. Dr. Annette Haberl von HIV-Center der Goethe-Universität und Sekretärin für Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen AIDS-Gesellschaft kommentiert diese Entwicklung im Interview mit der Deutschen Apotheker-Zeitung: Die "Pille davor" ist teuer und schützt nur bedingt. Annette Haberl erwartet nicht, dass Betroffene die Zulassung von Truvada® in Europa fordern werden.

Die Fakten:

  • Truvada® ist ein Kombinationspräparat aus zwei antiretroviralen Wirkstoffen, die bereits 2004 zur Behandlung von HIV-Infektionen zugelassen wurden.
  • Verglichen mit Kondomen, die das Infektionsrisiko um 95 Prozent senken, lag die Risikoreduktion durch Truvada® laut Studienergebnissen zwischen 44 und 73 Prozent.
  • Die Wirkung hält nur solange an, wie das Medikament zuverlässig eingenommen wird. Zur Prävention ist daher eine Dauermedikation notwendig. Selbst hochmotivierte Studienteilnehmer fanden es problematisch, das Medikament zuverlässig einzunehmen.

Nachteile:

  • hohe Kosten: ca. 800 Euro pro Monat
  • Langzeittoxizitäten wie Nierenschädigung oder verminderte Knochendichte
  • Regelmäßige Arztbesuche sind dennoch notwendig, weil eine HIV-Infektion unter der Einnahme von Truvada® zu Resistenzen führen kann.