Twitter hilft bei Finanzentscheidungen

Das EU-Projekt FIRST hat einen Prototypen entwickelt

Veröffentlicht am: Mittwoch, 04. Juli 2012, 11:52 Uhr (036)

Das EU-Projekt FIRST unter Beteiligung der Frankfurter Forscher Prof. Dr. Peter Gomber und Michael Siering hat einen Prototypen entwickelt, der Stimmungen aus sozialen Netzwerken nahezu in Echtzeit extrahieren und analysieren kann.

Finanzmärkte unterliegen großen Schwankungen. Die Stimmungen der Marktteilnehmer, insbesondere ihre Gefühle und Meinungen, können entscheidend dazu beitragen, Finanzmarktereignisse vorherzusagen und aufzudecken. Die Menge an heterogenen und sich kontinuierlich verändernden Informationen macht es Marktteilnehmern nahezu unmöglich, sich manuell auf die relevanten Informationsquellen zu fokussieren. Daher stellt die zuverlässige, aussagekräftige und sekundenschnelle Interpretation von Inhalten in sozialen Netzwerken, Blogs oder Pinnwandeinträgen die größte Herausforderung für die Stimmungsanalyse dar.

Das internationale Projektkonsortium des europäischen Projekts FIRST präsentierte auf der ABI Lab Konferenz in Mailand am 28. und 29. März 2012 eine erste Version seines Prototyps. Das anwesende Fachpublikum aus der Finanzindustrie begrüßte das dort vorgestellte Modell zur Entscheidungsunterstützung auf Basis des „Web Sentiment“. Auf Grundlage von Daten des Kurznachrichtendienstes Twitter und von Textpassagen aus Blogs ist der Prototyp gegenwärtig in der Lage, Stimmungen zu ermitteln und diese mit Bewegungen des Aktienmarkts in Verbindung zu setzen. Erste Ergebnisse zeigen einen starken positiven Zusammenhang zwischen der Stimmung in sozialen Medien und dem Handelsvolumen. Solche Informationen gewähren dem Endbenutzer wichtige Einblicke in die Dynamik des Finanzmarktes und tragen zur verbesserten Entscheidungsfindung und Markteffizienz bei.

Im weiteren Verlauf des Projekts ist es geplant, auch Marktmissbrauch sowie Reputationsrisiken in Zusammenhang mit sozialen Medien zu untersuchen. So sollen Falschmeldungen erkannt werden, die mit besonders positiver Stimmung darauf zielen, die Nachfrage nach einem Finanzinstrument zu erhöhen, um dadurch den Preis dieses Instruments zu manipulieren. Die Identifikation von Reputationsrisiken soll dazu beitragen, gegen die damit verbundene zum Teil beachtliche Bedrohung für die Stabilität der globalen Finanzmärkte vorzugehen.

Das FIRST-Projekt ist im Oktober 2010 gestartet und hat eine Laufzeit von drei Jahren. Ziel des Projektes ist es, Methoden der künstlichen Intelligenz anzuwenden, um Entscheidungsträger im Finanzbereich wie Privatinvestoren, Risikomanager, Compliance-Beauftragte und Regulatoren zu unterstützen. Gefördert durch das siebte Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Union verfügt das Projekt über ein Budget von fast 4,6 Millionen Euro. Das Konsortium besteht neben der Goethe-Universität aus acht weiteren europäischen Partnern aus Deutschland, Italien, Slowenien und Spanien.

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