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Apr 23 2021
11:11

Forscherinnen und Forscher der Goethe-Universität untersuchen oxidativen Stress in Mäusen

Wie Sauerstoffradikale vor Krebs schützen

Sauerstoffradikale im Körper gelten gemeinhin als gefährlich, denn sie können so genannten oxidativen Stress auslösen, der mit der Entstehung vieler chronischer Krankheiten wie Krebs und Herz-Kreislauferkrankungen in Zusammenhang gebracht wird. In Untersuchungen an Mäusen haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt jetzt herausgefunden, wie Sauerstoffradikale andererseits auch das Krebsrisiko senken und Schäden am Erbmolekül DNA mindern können (PNAS, DOI 10.1073/pnas.2020152118).

FRANKFURT. Ursprünglich galten Sauerstoffradikale -  reaktive Sauerstoffspezies, kurz ROS – im Körper als ausschließlich schädlich. Sie entstehen zum Beispiel beim Rauchen oder durch UV-Strahlung und können in Zellen durch ihre hohe Reaktionsfähigkeit viele wichtige Moleküle schädigen, darunter Erbmolekül DNA. In der Folge drohen Entzündungsreaktionen und die Entartung der betroffenen Zellen zu Krebszellen.

Wegen ihrer schädigenden Wirkung werden ROS auch gezielt vom Körper gebildet, etwa von Immun- oder Lungenepithelzellen, die mit ROS eindringende Bakterien und Viren zerstören. Hierfür sind verhältnismäßig hohe ROS-Konzentrationen nötig. In geringen Konzentrationen spielen ROS jedoch andererseits eine wichtige Rolle als Signalmoleküle. Für diese Aufgaben werden ROS von einer ganzen Gruppe von Enzymen eigens hergestellt. Ein Vertreter dieser Enzymgruppe ist Nox4, das laufend in geringen Mengen H2O2 produziert. Nox4 kommt in fast allen Körperzellen vor, wo sein Produkt H2O2 eine Vielzahl der spezialisierten Zellfunktionen aufrechterhält und so zum Beispiel zur Hemmung von Entzündungsreaktionen beiträgt.

Dass Nox4 über die Herstellung von H2O2 der Entstehung von Krebs sogar vorbeugen kann, fanden jetzt Forschende der Goethe-Universität Frankfurt unter der Leitung von Prof. Katrin Schröder heraus. Dazu untersuchten sie Mäuse, die infolge einer genetischen Veränderung kein Nox4 bilden konnten. Wurden solche Mäuse einem Krebs erregenden Umweltgift (Kanzerogen) ausgesetzt, verdoppelte sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie einen Tumor entwickelten. Da die Mäuse an ganz verschiedene Tumorarten wie Haut-Sarkome und Dickdarm-Karzinome litten, vermuteten die Forschenden, dass Nox4 einen grundsätzlichen Einfluss auf die zelluläre Gesundheit hat.

Molekularen Untersuchungen zeigten, dass das durch Nox4 gebildete H2O2 eine Kaskade in Gang hält, die bestimmte, wichtige Signalproteine (Phosphatasen) vom Zellkern fernhält. Fehlt Nox4 und damit H2O2, wandern die Signalproteine in den Zellkern und sorgen dort dafür, dass schwere DNA-Schäden kaum noch erkannt werden.

Schwere DNA-Schäden – sogenannte Doppelstrangbrüche – entstehen täglich irgendwo im Körper. Zellen reagieren sehr empfindlich auf solche DNA-Schäden und setzten ein ganzes Repertoire an Reparaturenzymen in Bewegung. Hilft das nicht, aktiviert die Zelle ihr Zelltod-Programm – eine Vorsichtsmaßnahme des Körpers gegen Krebs.

Prof. Katrin Schröder erläutert die Forschungsergebnisse: „Fehlt Nox4 und ist damit kein H2O2 vorhanden, erkennen die Zellen die DNA-Schäden nicht mehr. Mutationen reichern sich an und geschädigte Zellen vermehren sich weiter. Kommt nun ein Umweltgift hinzu, das die DNA massiv schädigt, werden die Schäden nicht mehr erkannt und repariert. Auch werden die betroffenen Zellen nicht eliminiert, sondern vermehren sich zum Teil sehr schnell und unkontrolliert, was schließlich zur Entstehung von Tumoren führt. Eine geringe Menge H202 hält also ein inneres Gleichgewicht in der Zelle aufrecht, das die Zellen vor Entartung schützt.“


Publikation:
Valeska Helfinger, Florian Freiherr von Gall, Nina Henke, Michael M. Kunze, Tobias Schmid, Flavia Rezende, Juliana Heidler, Ilka Wittig, Heinfried H. Radeke, Viola Marschall, Karen Anderson, Ajay M. Shah, Simone Fulda, Bernhard Brüne, Ralf P. Brandes, Katrin Schröder: Genetic deletion of Nox4 enhances cancerogen-induced formation of solid tumors. PNAS, https://doi.org/10.1073/pnas.2020152118

Weitere Informationen
Prof. Dr. Katrin Schröder
Institut für Kardiovaskuläre Physiologie
Fachbereich Medizin
Goethe-Universität Frankfurt
Tel. +49(0)69-6301-83660
schroeder@vrc.uni-frankfurt.de
http://www.vrc.uni-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, E-Mail bernards@em.uni-frankfurt.de